Personen, die ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife studieren wollen, müssen einiges an Willensstärke und Durchhaltevermögen aufbringen, um sich durch das verworrene Netz der Besonderheiten zu kämpfen. Wie offen der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte in den einzelnen Bundesländern tatsächlich ist, regeln die jeweiligen Hochschulgesetze, welche in den meisten Fällen durch individuelle Verordnungen ergänzt werden. Die Basis für ein Studium ohne Abitur bildet, wie in der Grafik ersichtlich, eine mindestens zweijährige Berufsausbildung. Je nachdem wie sich der berufliche Weg danach entwickelt hat, ergeben sich verschiedene Zugangswege.
Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung
Für beruflich qualifizierte Personen ohne Abitur besteht in allen Bundesländern die Möglichkeit, eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (HZB) zu erhalten, welche der allgemeinen Hochschulreife gleichgestellt ist. Das bedeutet, dass die Bewerber*innen an einer Universität oder Fachhochschule/Hochschule für angewandte Wissenschaften ihrer Wahl prinzipiell jedes Fach studieren können. Dies gilt insbesondere für Inhaber*innen einer beruflichen Aufstiegsfortbildung. Gleichwohl ist in dem entsprechenden Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) aus dem Jahr 2009 festgelegt, dass die Länder weitergehende Regelungen für den Hochschulzugang treffen können und dafür ihre jeweiligen Landesgesetze erweitern können. In der Regel werden dazu spezifische Verordnungen erlassen. Im Einzelnen kommen Personen folgender Abschlüsse in den Genuss dieser weitreichenden Studienmöglichkeiten:
- Abschlüsse als Meister*in im Handwerk nach §§ 45, 51a, 122 Handwerksordnung,
- Fortbildungsabschlüsse, für die Prüfungsregelungen nach §§ 53, 54 Berufsbildungsgesetz, §§ 42, 42a Handwerksordnung bestehen, sofern die Lehrgänge mindestens 400 Unterrichtsstunden umfassen,
- vergleichbare Qualifikationen im Sinne des Seemannsgesetzes (staatliche Befähigungszeugnisse für den nautischen oder technischen Schiffsdienst),
- Abschlüsse von Fachschulen entsprechend der „Rahmenvereinbarung über Fachschulen“ der KMK in der jeweils geltenden Fassung (vgl. KMK 2002),
- Abschlüsse vergleichbarer landesrechtlicher Fortbildungsregelungen für Berufe im Gesundheitswesen sowie im Bereich der sozialpflegerischen und sozialpädagogischen Berufe.
Fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung
Personen ohne berufliche Aufstiegsfortbildung, aber abgeschlossener Berufsausbildung und einer gewissen beruflichen Erfahrung, können eine fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung erhalten. Das bedeutet, das Studienfach muss eine fachliche Nähe zum erlernten und ausgeübten Beruf besitzen.
Der KMK-Beschluss (2009) legt hierzu fest, dass für den Erhalt einer fachgebundenen Hochschulzulassung der Abschluss einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung erforderlich ist, welche nach Berufsbildungsgesetz oder Handwerksordnung bzw. durch Bundes- oder Landesrecht geregelt ist. Zudem muss dieser eine fachliche Nähe zum angestrebten Studiengang aufweisen. Nachgewiesen werden muss weiterhin eine im Anschluss erworbene, mindestens dreijährige Berufspraxis. Sofern es sich um Stipendiat*innen des Aufstiegsstipendienprogramms des Bundes handelt, wird eine zweijährige Praxis als ausreichend erachtet. Ferner ist der erfolgreiche Abschluss eines Eignungsfeststellungsverfahrens in einigen Bundesländern notwendig. Dieses wird in den Hochschulen oder anderen dafür befugten staatlichen Stellen auf der Grundlage einer Prüfungsordnung durchgeführt. Dabei soll in einem schriftlichen sowie mündlichen Prüfungsteil allgemeines und fachbezogenes Wissen abgefragt werden. In manchen Bundesländern ist alternativ dazu auch ein Probestudium von mindestens einem Jahr möglich. Nicht-Abiturient*innen, welche dieses erfolgreich absolvieren, brauchen nicht zusätzlich an einem Eignungsfeststellungsverfahren teilzunehmen.
Es gibt auch einige Bundesländer, die von diesen KMK-Festlegungen abweichen und den Hochschulzugang weiter öffnen. So wird mancherorts beispielsweise nur eine zweijährige Berufstätigkeit nach Abschluss der Ausbildung verlangt. Noch weiter gehen in diesem Punkt die Bundesländer Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Hier ist ein Studium unter bestimmten Voraussetzungen auch nur mit einem Ausbildungsabschluss ohne weitere Berufserfahrung möglich.
Insgesamt gilt zu beachten, dass die Unterschiede bei den Zugangsbedingungen zwischen den 16 Bundesländern zum Teil erheblich sind. So gibt es zum Beispiel verschiedene Regelungen hinsichtlich der Dauer der Berufserfahrung oder der Teilnahme an einem Beratungsgespräch an der Hochschule. Detaillierte Informationen finden Sie unter Informationen zu den Bundesländern. Dort werden die Zugangsbedingungen, die rechlichten Regelungen und die Hochschulen im Bundesland dargestellt. Weiterhin gilt zu beachten, dass auch die Hochschulen etliche Spielräume bei der konkreten Ausgestaltung der Zugangsverfahren besitzen.
Der Weg ins Studium
Die nachfolgenden drei CHECKs können beim Weg ins Studium ohne Abitur behilflich sein. Zu Beginn kann mit dem CHECK Qualifikation geprüft werden, mit welcher beruflichen Qualifikation welche Studienmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Beim CHECK Studienangebot kann anschließend geschaut werden, welche Studienangebote für Personen ohne Abitur und Fachhochschulreife geöffnet sind – aktuell mehr als 9.000 – und sogleich Kontakt zur Wunschhochschule aufgenommen werden. Der CHECK Studien- und Hochschulwahl kann bei der Wahl des richtigen Studienfachs und der passenden Hochschule mit Hintergrundinformationen zu Studiengängen aus 41 Fächern sowie individuelle Rankingmöglichkeiten helfen.
Unterschiedliche Zugangswege zum Studium
Unbeschränkter Hochschulzugang: Studienbewerber*innen mit einem Meisterabschluss oder einem vergleichbaren beruflichen Fortbildungsabschluss, der zusätzlich zur Berufsausbildung absolviert worden ist, können ohne besondere Prüfungen oder Zulassungsverfahren ein Hochschulstudium beginnen und erhalten eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung. Diese erlaubt ein Studium an jeder Universität oder Fachhochschule/Hochschule für angewandte Wissenschaften ohne Einschränkung bei der Wahl des Studienfachs.
Hochschulzugang über eine Eignungs-/Zulassungsprüfung: Hochschulen unterziehen Personen einer Eignungsprüfung, in welcher deren Studierfähigkeit getestet wird. Dieses Verfahren gilt für Bewerber*innen mit Berufsausbildung, die keine weiterführende Aufstiegsfortbildung abgeschlossen haben. In den meisten Bundesländern ist zusätzlich zur Berufsausbildung eine gewisse berufliche Erfahrung erforderlich. Personen mit einer erfolgreich absolvierten Eignungs-/Zulassungsprüfung erhalten eine fachgebundene Studienzulassung. Das bedeutet, das Studienfach muss eine fachliche Nähe zum erlernten und ausgeübten Beruf besitzen.
Hochschulzugang über ein Probestudium: Beruflich qualifizierte Bewerber*innen werden zum Studium zugelassen, nachdem sie ein Probestudium (in der Regel zwei bis vier Semester) erfolgreich absolviert haben. Die Regelungen zum Probestudium unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In einigen Bundesländern ist ein Probestudium vorgeschrieben, in anderen kann es alternativ zur Eignungs-/Zulassungsprüfung absolviert werden. Daneben gibt es Bundesländer, in denen ein Probestudium in nicht-zulassungsbeschränkten Studiengängen möglich ist, während in einigen Bundesländern kein Probestudium angeboten wird. Nach Abschluss des Probestudiums erhalten die beruflich Qualifizierten in der Regel eine fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung, sodass der Studiengang einen fachlichen Bezug zur beruflichen Vorbildung aufweisen muss.
Hochschulzugang über die Begabtenprüfung: Berufserfahrene erwerben durch das Ablegen einer besonderen Prüfung die allgemeine Hochschulreife oder die Fachhochschulreife. Im Unterschied zum „Hochschulzugang über eine Eignungs-/Zulassungsprüfung“, welcher nur zum Studium an einer bestimmten Hochschule bzw. in einem bestimmten Bundesland berechtigt, ermöglicht das Bestehen der Begabtenprüfung den uneingeschränkten Hochschulzugang.