Zwei Drittel der Studienanfänger*innen sind an einer anwendungsorientierten Hochschule
Der Anteil der Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur an Universitäten lag im Jahr 2012 bei 46,2 Prozent. Zehn Jahre später ist die Quote auf 23,3 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum ist bei den Fachhochschulen (FH)/Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) ein deutliches Wachstum zu beobachten. Im Jahr 2022 liegt der Anteil bei 72,7 Prozent. Auch die Kunst- und Musikhochschulen verzeichnen eine zunehmende Nachfrage, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau.
In absoluten Zahlen ausgedrückt nahmen die FH/HAW im Jahr 2012 nur 822 beruflich Qualifizierte mehr auf als die Universitäten. Im Berichtsjahr 2022 sind es hingegen 6.627 Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur mehr als an Universitäten. Auch die Kunst- und Musikhochschulen können auf einen positiven Trend blicken, denn ihre Zahl an Erstsemestern hat sich seit 2012 vervierfacht. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die sprunghafte Entwicklung an den künstlerischen Hochschulen zwischen 2014 und 2016 mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Auswirkungen der geänderten Systematik in der Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes zurückzuführen ist (Näheres dazu unter Informationen zu den verwendeten Daten).
Die Werte der Studierenden zeigen gegenüber der Erstsemesterquoten einige Abweichungen. Im Berichtsjahr 2022 gibt es insgesamt 69.341 Studierende ohne Abitur, wovon 68 Prozent an einer FH/HAW, 24,4 Prozent an einer Universität und 4,6 Prozent an einer Kunst- und Musikhochschule eingeschrieben sind.
Von den FH/HAW wurden mit 6.432 Hochschulabsolvent*innen ohne Abitur mehr als doppelt so viele Personen erfolgreich in den Arbeitsmarkt entlassen als von den Universitäten mit 2.488 Graduierten ohne schulische HZB. Das bedeutet, dass 67,5 Prozent aller beruflich qualifizierten Hochschulabsolvent*innen von einer FH/HAW und 26,1 Prozent von einer Universität kommen. Die Kunst- und Musikhochschulen können im aktuellen Berichtsjahr auf 612 Hochschulabsolvent*innen blicken, was einem Anteil von 6,4 Prozent entspricht.
Nachfrage an privaten Hochschulen im Aufwind
Im Jahr 2012 lag der Anteil der Studienanfänger*innen ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung an privaten Hochschulen bei 22,6 Prozent. Zehn Jahr später fällt der Anteil fast doppelt so hoch aus und liegt bei 41,5 Prozent. Im Vorjahr waren es sogar 44,1 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist bei den staatlichen Hochschulen eine deutliche Schrumpfung zu beobachten. Im Jahr 2022 liegt der Anteil bei 56,4 Prozent. Die Anteile der kirchlichen Hochschulen sind seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Zuletzt zeigt sich hier ein leichter Rückgang.
Die absoluten Zahlen verdeutlichen die beschriebene Entwicklung. Im Berichtsjahr 2022 nehmen die staatlichen Hochschulen 7.151 Studienanfänger*innen ohne Abitur auf. Das ist der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre. An privaten Hochschulen liegt die Zahl der beruflich qualifizierten Erstsemester bei 5.254. Im Vorjahr, d.h. im Jahr 2021, waren es sogar 7.741 Personen. Die kirchlichen Hochschulen nehmen 271 Studienanfänger*innen ohne schulische HZB auf. Auch hier lässt sich eine gesunkene Zahl beobachten.
Die Anzahl der Studierenden ist ebenfalls sehr unterschiedlich je nach Trägerschaft der Hochschulen. An den staatlichen Hochschulen sind aktuell 38.708 beruflich Qualifizierte eingeschrieben, was einem Anteil von 55,8 Prozent entspricht. An den privaten Hochschulen sind es 29.052 Personen. Der Anteil liegt hier bei 41,9 Prozent. Den geringsten Wert weisen die kirchlichen Hochschulen mit 1.581 Personen auf.
Von insgesamt 9.532 Hochschulabsolvent*innen verlassen im aktuellen Berichtszeitraum 5.952 Personen eine staatliche, 3.221 eine private und 359 eine kirchliche Hochschule. Die Anteile liegen demnach an den staatlichen Hochschulen bei 62,4 Prozent, an den privaten Hochschule bei 33,8 Prozent und an kirchlichen Hochschulen bei 3,8 Prozent.
Deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern
Bezogen auf die Nachfragen der unterschiedlichen Hochschultypen und Trägerschaften je Bundesland zeigen sich einige Differenzen. Mit Hilfe der nachfolgenden interaktiven Grafiken können hierzu eigene Analysen durchgeführt werden. Die Auswahlfunktionen in der rechten Spalte ermöglichen es, die Angaben pro Bundesland nach Hochschultyp, Trägerschaft sowie nach den jeweiligen Anteilen der Studienanfänger*innen, Studierenden und Hochschulabsolvent*innen zu filtern. Berücksichtigt wurden Daten von insgesamt 423 Hochschulen (davon 114 Universitäten und gleichgestellte Hochschulen, 257 FH/HAW inkl. Verwaltungshochschulen und Theologischen Hochschulen sowie 52 Kunst- und Musikhochschulen), die vom Statistischen Bundesamt im Wintersemester 2022/23 erfasst wurden. Sofern eine Hochschule mehrere Standorte hat, werden die Daten für alle Standorte separat ausgewiesen. Auf diese Weise werden bei den Studienanfänger*innen insgesamt 485 Standorte, bei den Studierenden 494 Standorte und bei den Hochschulabsolvent*innen 476 Standorte berücksichtigt. Insgesamt werden nahezu alle deutschen Hochschulen erfasst.
Die Daten aus der obigen interaktiven Grafik zeigen hinsichtlich des Hochschultyps, dass im Universitätssektor die Länder Nordrhein-Westfalen (2,0 %), Rheinland-Pfalz (1,8 %) und Niedersachsen (1,3 %) die höchsten Anteile beruflich qualifizierter Studienanfänger*innen aufweisen. Bei den Studierendenquoten führen Rheinland-Pfalz (2,2 %), Nordrhein-Westfalen (1,5 %) sowie Hamburg und Niedersachsen (jeweils 1,4 %). Beim Anteil der der Hochschulabsolvent*innen, die ohne allgemeine Hochschul- oder Fachhochschulreife ins Studium gelangt sind, belegen wiederum Berlin (2,0 %) und Rheinland-Pfalz (1,9 %) sowie Hamburg (1,3 %) die ersten Plätze.
Im Sektor der FH/HAW fallen die Anteile in allen Bundesländern erwartungsgemäß höher aus. In der Kategorie der Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur liegt Thüringen mit einem Anteil von 10,4 Prozent weit vorne. Danach folgen Bremen (7,3 %) und Mecklenburg-Vorpommern (6,9 %). Bei den beruflich qualifizierten Studierenden erreicht Thüringen einen Anteil von 11,6 Prozent, Bremen 7,1 Prozent und Hamburg 6,1 Prozent. Mit diesen Spitzenwerten liegt das Trio weit vor den anderen Bundesländern. Die Quoten der FH/HAW in der Kategorie Hochschulabsolvent*innen sind bei Thüringen (5,9 %) und Hamburg (5,6 %) am größten, gefolgt von Hessen (5,2 %).
In Bayern liegt der Anteil der Erstsemester ohne (Fach-)Abitur an Kunst- und Musikhochschulen bei 28,6 Prozent. Damit nimmt Bayern in dieser Kategorie mit Abstand die Spitzenposition ein. Mit 18,2 Prozent folgt Schleswig-Holstein, dahinter liegt Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von 17,6 Prozent. Bei den Studierenden ohne schulische HZB führen erneut die künstlerischen Hochschulen aus Bayern (22,0 %), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (10,8 %) und Sachsen-Anhalt (9,4 %). Die Spitzenreiter der Kategorie Hochschulabsolvent*innen ohne (Fach-)Abitur sind Bayern mit 14,4 Prozent, Nordrhein-Westfalen mit 11,7 Prozent und Schleswig-Holstein mit 11,5 Prozent.
Bei der Betrachtung nach Trägerschaft pro Bundesland wird mit Hilfe der interaktiven Grafik erkennbar, dass die staatlichen Hochschulen in Rheinland-Pfalz (3,8 %) anteilig die meisten Studienanfänger*innen ohne Abitur in Deutschland aufnehmen, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (3,4 %) und Schleswig-Holstein (2,2 %). Die höchsten Studierendenquoten weisen Rheinland-Pfalz (3,1 %), Mecklenburg-Vorpommern (2,2 %) sowie Hamburg und Thüringen (jeweils 1,7 %) auf. Zudem haben die staatlichen Hochschulen in Rheinland-Pfalz anteilig die meisten Absolvent*innen ohne schulische HZB (2,8 %). Danach folgen Mecklenburg-Vorpommern (2,1 %) und Hamburg (1,6 %).
Die höchste Studienanfänger*innenquote an privaten Hochschulen verzeichnen in diesem Jahr Sachsen-Anhalt und Bremen mit jeweils 16,4 Prozent. Es folgt Thüringen mit 12,0 Prozent. Bei den Studierendenquoten an Privathochschulen führt ebenfalls Bremen (16,8 %), gefolgt von Sachsen-Anhalt (16,2 %) und Thüringen (13,0 %). Bei den Hochschulabsolvent*innen ohne Abitur entlassen die privaten Hochschulen in Sachsen (13,9 %), Hessen (11,4 %) und Thüringen (10,7 %) die meisten Personen.
Bei den kirchlichen Hochschulen weist Sachsen mit 16,3 Prozent die höchsten Anteile an Studienanfänger*innen ohne schulische HZB auf. Berlin kommt auf 6,2 Prozent und Nordrhein-Westfalen auf 5,6 Prozent. Bei den Studierendenquoten teilen sich die kirchlichen Hochschulen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen den ersten Rang (7,7 %), gefolgt von Hamburg mit 5,9 Prozent. Die höchsten Anteile bei den Hochschulabsolvent*innen hat Sachsen mit 11,6 Prozent. Mit großem Abstand folgen Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit jeweils 8,3 Prozent.
Anteil der verschiedenen Personengruppen fällt je Hochschultyp und Trägerschaft unterschiedlich aus
Wie groß die Anteile der Studienanfänger*innen, Studierenden und Absolvent*innen ohne schulische HZB im Verhältnis zu allen Personen in der jeweiligen Gruppe sind, zeigt folgende Tabelle:
Beim Anteil der Erstsemester ohne (Fach-)Abitur an allen Studienanfänger*innen im Jahr 2022 liegen die Kunst- und Musikhochschulen mit einem Anteil von 10,2 Prozent vorne. An den FH/HAW fällt der Anteil mit 4,3 Prozent deutlich niedriger aus. Das Schlusslicht bilden die Universitäten mit einem Erstsemester-Anteil von 1,2 Prozent. Daneben erreicht der Gesamtanteil der Studienanfänger*innen ohne schulische HZB an staatlichen Hochschulen einen Wert von 1,8 Prozent, während die Anteile an den privaten (7,6 %) und kirchlichen (5,0 %) Hochschulen höher ausfallen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich mit Blick auf die Studierenden. Der Anteil von Studierenden ohne Abitur an allen Studierenden fällt an den Universitäten mit 1,1 Prozent am geringsten aus, gefolgt von den FH/HAW mit einem Anteil von 4,1 Prozent. An Kunst- und Musikhochschulen ist der Anteil, wie auch schon bei den Studienanfänger*innen, mit 8,5 Prozent am höchsten. Hinsichtlich der Hochschulträgerschaft fallen die Anteile der Studierenden ohne schulische HZB an allen Studierenden an den privaten Hochschulen mit 8,0 Prozent am höchsten aus, gefolgt von den kirchlichen Hochschulen (5,1 %). Erneut fallen die Anteile an staatlichen Hochschulen mit 1,5 Prozent am geringsten aus.
Bei Betrachtung der Anteile der Hochschulabsolvent*innen ohne schulische HZB an allen Hochschulabsolvent*innen liegen hier die FH/HAW mit einem Anteil von 3,1 Prozent vor den Universitäten mit marginalen 0,9 Prozent. Am höchsten fällt die entsprechende Quote mit 8,3 Prozent an Kunst- und Musikhochschulen aus. Erneut zeigt sich ebenfalls, dass der Anteil an allen Hochschulabsolvent*innen an staatlichen Hochschulen mit 1,3 Prozent am niedrigsten ausfällt, während dieser Anteil an privaten (6,2 %) und kirchlichen (5,6 %) Hochschulen rund viermal so hoch ausfällt.