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Quantitative Entwicklung beim Studium ohne Abitur weitgehend konstant

Die Entwicklungen beim Studium ohne Abitur sind bundesweit weitgehend konstant. So erreicht der Anteil von 2,4 Prozent Studierenden ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung (HZB) an allen Studierenden exakt dasselbe Niveau wie im Vorjahr. Damit sind aktuell rund 70.000 Personen aus dieser Gruppe an einer deutschen Hochschule eingeschrieben. Bei den Hochschulabsolvent*innen ohne schulische HZB wird mit einem Anteil von 1,9 Prozent (9.499 Personen) ebenfalls der Vorjahreswert gehalten. Aus der Langfristperspektive betrachtet haben im Zeitraum 2010 bis 2023 insgesamt rund 95.000 Personen ohne (Fach-)Abitur erfolgreich einen Hochschulabschluss erworben. Nahezu konstant ist ebenfalls die Zahl der Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur mit 12.723 Erstsemestern und einem Anteil von 2,7 Prozent an allen Studienanfänger*innen bundesweit (vgl. Quantitative Entwicklung in Deutschland). Für die Studierenden ohne (Fach-)Abitur steht weiterhin der Bachelorabschluss im Vordergrund. Rund neun von zehn der beruflich qualifizierten Studierenden sind in einem Bachelorstudium eingeschrieben. Einen Masterstudiengang absolvieren lediglich 12,1 Prozent aller Studierenden ohne schulische HZB im Bundesgebiet (vgl. Hochschulabschluss).

Größte Nachfrage an Hochschulen mit Fernstudienangebot

Zwischen den Bundesländern sind die Unterschiede bei der quantitativen Entwicklung nach wie vor groß. Mit einem Erstsemesteranteil von 6,5 Prozent liegt Thüringen, wie auch im Vorjahr, auf dem ersten Rang im Bundesländervergleich, gefolgt von Hamburg mit einem Anteil von 3,8 Prozent und Bremen mit 3,7 Prozent (vgl. Quantitative Entwicklung in den Bundesländern). Verantwortlich für den Spitzenplatz von Thüringen ist die IU Internationale Hochschule, die ihren Hauptstandort von Nordrhein-Westfalen nach Erfurt verlegt hat, sodass die Studienanfänger*innen nun Thüringen zugerechnet werden. Gleichzeitig zählt die IU Internationale Hochschule alle Fernstudierenden dem Hauptsitz zu. Insgesamt 1.187 beruflich qualifizierte Studienanfänger*innen hat die private Hochschule im Jahr 2023 aufgenommen. Damit liegt sie erneut vor der staatlichen FernUniversität Hagen mit 1.043 Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur, welche vor ein paar Jahren noch die am stärksten nachgefragte Hochschule im Bundesgebiet war. Ein Grund dafür könnte die mittlerweile starke Ausrichtung der IU auf das Fernstudium sein, was beruflich Qualifizierten entgegenkommt. An dritter Stelle folgt erneut eine private Einrichtung: die FOM Hochschule für Oekonomie & Management Essen mit zehn Standorten. Insgesamt gibt es hier 866 Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur (vgl. Hochschulnachfrage).

Anhaltender Bedeutungsverlust von Universitäten

Bei den Erstsemestern ohne (Fach-)Abitur sind die Fachhochschulen (FH)/Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) weiterhin am beliebtesten. Hier sind 71,3 Prozent der Studienanfänger*innen eingeschrieben. Das sind 9.076 Personen. Der kontinuierliche Aufwärtstrend der letzten Jahre setzt sich weiter fort. Im Jahr 2012 lag der Anteil der anwendungsorientierten Hochschulen noch bei rund 53 Prozent. Dagegen nimmt die Bedeutung der Universitäten stetig ab. Entschieden sich 2011 noch fast die Hälfte aller Erstsemester ohne (Fach-)Abitur für ein Studium an einer Universität, sind es jetzt nur noch 24,4 Prozent. Damit ist der Anteil so gering wie noch nie. Die Bedeutung der Kunst- und Musikhochschulen hat ebenfalls zugenommen und bleibt mit 4,3 Prozent weiterhin vergleichsweise auf niedrigem Niveau. Ein anderes Bild zeigt sich, wenn man den Anteil der Studienanfänger*innen ohne schulische HZB an allen Studienanfänger*innen je Hochschultyp betrachtet. An FH/HAW liegt der Anteil bei 4,2 Prozent und an Universitäten bei 1,2 Prozent. Mit 11,0 Prozent fällt dieser Wert an Kunst- und Musikhochschulen am höchsten aus (vgl. Hochschultyp und Trägerschaft). Weiterhin haben sich an diesem Hochschultyp besonders viele Personen, d. h. 93,8 Prozent, durch das Ablegen einer Begabtenprüfung für das Studium qualifiziert (vgl. Hochschulzugang).

Rückgang bei privaten Hochschulen

Zwischen 2011 und 2023 hat sich der Anteil der Studienanfänger*innen ohne schulische HZB von 17,6 Prozent auf 38,5 Prozent mehr als verdoppelt. Unter den zehn nachgefragtesten Hochschulen sind sieben in privater Trägerschaft. Allerdings zeigt sich seit 2021 ein Rückgang. So lag der Anteil vor zwei Jahren bei 48 Prozent. Staatliche Hochschulen bleiben mit 7.508 Erstsemestern (59 %) die bevorzugte Wahl. Kirchliche Hochschulen (2,1 %) spielen weiterhin eine untergeordnete Rolle. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Entwicklung der privaten Hochschulen weiter fortsetzt. Mit einem Anteil von 7,5 Prozent ist der Anteil der Studienanfänger*innen an allen Studienanfänger*innen aber weiterhin deutlich höher als an staatlichen Hochschulen. Hier liegt der Anteil bei 1,8 Prozent (vgl. Hochschultyp und Trägerschaft).

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften beliebteste Studienfächer

Mehr als 9.500 Studienangebote stehen Studieninteressierten ohne (Fach-)Abitur bundesweit offen. Unumstritten an der Spitze liegt bei diesem Personenkreis seit Jahren die Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Rund die Hälfte der Erstsemester ohne schulische HZB (50,7 %) ist hier im Berichtsjahr 2023 eingeschrieben, was 6.447 Personen entspricht. Ein detaillierter Blick zeigt, dass die Studienbereiche Sozialwesen (27,6 %) und Wirtschaftswissenschaften (27,5 %) bei den Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur am beliebtesten sind. Mit 19,8 % der Erstsemester ohne (Fach-)Abitur sind die Ingenieurwissenschaften die zweitbeliebteste Fächergruppe – insbesondere der Studienbereich Informatik mit einem Anteil von 33 Prozent. (vgl. Beliebte Studienfächer).

Akademisierungstrend in den Gesundheitswissenschaften

Die Fächergruppe Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften erreicht mit einem Anteil von 15,7 Prozent einen neuen Höchstwert und belegt den dritten Platz. Im Zeitverlauf zeigt sich ein deutlicher Anstieg. Insgesamt studieren hier aktuell 1.995 Erstsemester ohne schulische HZB, was einem Anteil von 7,1 Prozent an allen Studienanfänger*innen in der Fächergruppe entspricht. Ein detaillierter Blick auf die Fächergruppe zeigt allerdings, dass sich 93,9 Prozent der Studienanfänger*innen ohne (Fach-)Abitur im Bereich der Gesundheitswissenschaften eingeschrieben haben (vgl. Beliebte Studienfächer). Völlig andere Größenordnungen werden demgegenüber im Studienbereich Humanmedizin inkl. Zahnmedizin sichtbar. Hier haben im Berichtsjahr 121 Personen ohne schulische HZB (6,1 %) einen der stark umkämpften Studienplätze erhalten. Im Zeitverlauf zeigt sich allerdings ein Aufwärtstrend. So hat sich die Zahl der Studierenden in der Human- und Zahnmedizin, die sich allein über ihre Berufserfahrung qualifiziert haben, zwischen 2014 und 2023 von 534 auf 1.093 verdoppelt (vgl. Medizin- und Pharmaziestudium). Diese Entwicklung könnte ein Resultat der verbesserten Zugangsmöglichkeiten für Personen ohne (Fach-)Abitur sein, die im Zuge der Reform der Studienplatzvergabe im Jahr 2020 erreicht wurden.

Höherer Altersdurchschnitt

Der Vergleich der Altersstruktur von Studierenden mit und ohne (Fach-)Abitur offenbart deutliche Unterschiede. Studierende mit einer allgemeinen Hochschul- oder Fachhochschulreife sind in der Regel jünger als ihre beruflich qualifizierten Kommiliton*innen. Das zeigt sich deutlich in der Personengruppe der bis 20-Jährigen. Während der Prozentanteil bei den Erstsemestern mit schulischer HZB bei 57 Prozent liegt, beträgt der Anteil der Erstsemester ohne schulische HZB nur 7,4 Prozent. Bei den 21- bis 30-Jährigen zeigt sich eine Differenz von 16,2 Prozentpunkten. Gleichzeitig ist das Bild bei den Studierenden ohne (Fach-)Abitur sehr heterogen. Mit 53,8 Prozent bilden die 21- bis 30-Jährigen mehr als die Hälfte aller Studienanfänger*innen ohne schulische HZB; diese Gruppe wird gefolgt von den 31- bis 40-Jährigen mit 25,7 Prozent. Bei den traditionellen Erstsemestern fällt der Anteil in dieser Altersgruppe mit 4,2 Prozent deutlich niedriger aus. Daneben zeigen sich interessante Befunde, wenn alters- und geschlechtsspezifische Daten miteinander in Verbindung gebracht werden. So liegt das Durchschnittsalter der weiblichen Studienanfänger*innen bei 30,5 Jahren, während das der männlichen Studierenden ohne schulische HZB bei 29,4 Jahren liegt (vgl. Altersstruktur).

Frauen in der Mehrzahl

Mehr Frauen (52,5 %) als Männer (47,5 %) beginnen im Jahr 2023 ein Studium ohne Abitur. Das war nicht immer so. Im Jahr 2015 lag der Anteil der weiblichen Studienanfängerinnen noch bei 45,1 Prozent. Weitere Unterschiede bestehen bei der Fächerwahl. Studienanfängerinnen ohne (Fach-)Abitur sind häufiger in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und in der Humanmedizin/den Gesundheitswissenschaften zu verorten als ihre männlichen Pendants. Genau andersherum ist es in den Ingenieurwissenschaften (vgl. Geschlechtsspezifische Unterschiede). Differenziert nach Altersgruppen zeigt sich, dass 16,2 Prozent der weiblichen Erstsemester ohne (Fach-)Abitur älter als 40 Jahre sind, während der Anteil in dieser Altersklasse bei den männlichen Kommilitonen (9,6 %) geringer ausfällt (vgl. Altersstruktur).